Dienstag, 22. Mai 2007
The Trip! Olli besucht Schweden.
Ich hab viele Freunde aus Schweden: Malm, Bekväm, Gorm, Billy und vor allem meinen Schrank Pax. Aber ich habe nur eine Freundin die ich wirklich in Schweden besuchen kann. So machte ich mich also letzte Woche auf den beschwerlichen Weg Richtung Norden - wo die Nächte hell und die Rücksichtnahme auf Birkenallergiker gering ist. Ich hab sie gesehen. Martina. Und Umea. Die beste Kombination seit Henrik Larsson und Celtic Glasgow, seit Freddie Ljungberg und Arsenal London.

Aber vorerst machte ich einen dreitägigen Zwischenstopp im Venedig des Nordens. In der Hauptstadt Skandinaviens. Es war nämlich Swedish Idol Casting. Die Konkurrenz war stark, die Fans auf meiner Seite - dank einer äußerst charmanten Interpretation von Mama Mia meinerseits - die Schwedinnen in ihren Leggins gar aus dem Häuschen. Doch ich sagte danke und verzichtete auf die ganz große Karriere. "Lieber", sagte ich, "will ich die Stadt vom Boot aus erkunden. Und vor allem per pedes. Wie es eben der alte Schwede zu machen pflegt."

Es waren glückliche, wandersame Tage in Stockholm. Der Regen konnte mir 2 Tage lang nichts anhaben weswegen er sich wohl am dritten Tag geschlagen gab und mir Sonne schenkte. Eine Stadt bei Sonne zu besuchen ist einfach besser. Die Fotos sind schöner, man selbst ist nicht in Anorak und Regenjacke gehüllt und vor allem ist die Stadt ist viel voller. Stockholmer gehen grundsätzlich bei Rot über die Straße und bekommen kein Bier am Hot Dog Stand. Stockholmer verstecken sich vor dem Regen (wie jeder vernünftige Mensch), müssen aber offenbar nicht arbeiten wenn die Sonne auch nur ein bisschen herausblinzelt. Womöglich ist das ein eigener Passus in den gängigen Kollektivverträgen hier. Ist jedenfalls beeindruckend wie schnell sich alle Parkbänke füllen wenn die Sonne scheint. What you must see in Stockholm? Wenn du ein Junge bist, oder gerade im "Fluch der Karibik"-Fieber: Vaasamuseum. Wenn du meinst die Donauinsel ist das beste und schönste Naherholungsgebiet in einer europäischen Hauptstadt: Djurgarden. Oder wer gerne die Stadt hinter sich sieht und gleichzeitig in alten, kleinen Gassen wandert: der geht entlang der Felsen in Södermalm. Was dich enttäuschen könnte?! Gamla Stan, die verdammte Altstadt war wohl vom Regen leutemäßig komplett leer gewaschen. Nur der Ramsch der dort verkauft wird wurde offenbar nicht rausgespült...

Als ich langsam begann mich in Stockholm wohl zu fühlen, und mir mein Hostel-Zimmerkollege eine schwedische Immobilienwebseite völlig fehlerfrei buchstabiert hatte, musste ich aber auch schon wieder weiter nach Umea. Umea, der Heimat von großartigen Bands wie Naglfar, Nocturnal Rites, Meshuggah oder aber zumindest Refused. Umea, die Birkenmetropole. "Hier Birken ist wie auf Honolulu Tannen zu pflanzen", pflegen die Einheimischen zu sagen um dann herzhaft zu niesen. Soviele Birken! Umea die Heimat des ältesten Ski's der Welt. Der besten Molekularbiologiefakultät und ziemlich sicher der meisten Fahrräder im nördlichsten Zipfel Skandinaviens.

Ich kam an und das Wetter war natürlich wieder zum Vergessen. "Zum ersten Mal wirklich scheiße", wie Martina nicht müde wurde zu wiederholen. Man muss sich wohl erst anfreunden mit diesen schwedischen Städten, damit sie einem das Wetter bieten das man verdient hat. Aber auch Umea's Wetterkapriolen wußten zu weichen als wir aufbrachen alles zu erkunden was Umea zu bieten hat. Wir nutzten also die zwei Stunden Regenpause pro Tag und besichtigten alles! Alles! Ja ALLES. Den See, die Innenstadt, die Universität. Den Aussichtspunkt über die Innenstadt und über die Universität. Dann wieder den See, die Innenstadt, die Universität. Danach den See. Und - nicht zu vergessen - das Museum.

Schwedische Männer sind alle 2 Meter 10 groß, haben den Oberarm eines Footballspielers und essen jeden Tag eine Rindshälfte mit einem halben Kübel Vanilleeis plus Erdbeersauce. Hey! Ich hab Beweise! Das "Medium"-TShirt das ich mir am Sahara Hot Nights Konzert gekauft hab, geht mir bis zu den Knien und ich kann es eigentlich mangels schwedischer Schultern als Longsleeve benutzen. Das weibliche Schweden hingegen hat einen latenten Hang zur Kombination Leggins + kurzer Rock, was aber nicht immer - aufgrund vergleichbarer Problemzonen - glücklich wirkt. Wenn man aber mal zwei Stunden mit der Martina in den H&M muß, kann man sich durchaus an den doch sehr entzückenden skandinavischen Gesichtern erquicken (und so den Schmerz vom langen Herumstehen vergessen).

Am Abend geht man aus. Aber richtig. Zumindest wenn man einmal die Eintritts-Hürde überwunden hat. Davor wurde man sowieso schon beinahe verhaftet weil man in einem dieser Alkoholverkaufsstellen einfach ein Foto gemacht hat. Was natürlich nicht sein darf (und wenn man so ein bisserl nachdenkt sogar wirklich irgendwie nachvollziehbar ist). Wenn man dann mal auf der Party ist, trifft man allerlei schräge Charaktere und Lebensläufe, bekommt keinen Alkohol ausgeschenkt weil das Konzert "All Ages" ist und sich tatsächlich dreijährige Kinder das Rockkonzert ihres Lebens geben und ist manchmal froh und manchmal nicht so froh wenn um 2 Uhr der ganze Spuk wieder vorüber ist und man bei beinahe voll aufgegangener Sonne ins Bett geschickt wird.

Dann war die Woche auch schon wieder vorüber, und ich sitz jetzt mit kurzer Hose und Frucade vor meinen Computer in Wien und tippe diesen Text. Ein versöhnliches und seriöses Resume?! Schweden sind nette, freundliche Leute, die auch gar nicht alle unsere Schweden-Klischees erfüllen können und wollen. Umea ist eine süße kleine Stadt (und so klein auch wieder nicht), die vor allem von seinen Studenten und dem Universitätsgelände zu leben scheint. Ich kenn nichts Vergleichbares bei uns. Ich hätte auch gerne Studenten aus aller Welt als Nachbarn und Partygastgeber gehabt, ein dutzend Studentenlokale und ein eigenes Sportzentrum. Die liebe Martina hat das jetzt alles, und ich hab mich davon überzeugen können und dürfen, daß es ihr gefällt. Es hat sie nicht verändert, es hat sie wunderbar ergänzt. Ich wünsch ihr noch viel Spaß, und werd mich immer mit Freude zurückerinnern an den kleinen, alten, in Umea irgendwie gestrandeten Österreicher, an Victorias liebstes Kaffeehaus hier in Wien "Cafe Sperl", an das un-scheueste Eichhörnchen ever und an Tiffany's zu klein geratene Handtasche. Danke noch mal, dass ich auf Besuch kommen durfte. Du warst eine bravouröse Gastgeberin für den "Probeläufer" - ich hoffe alle folgenden Gäste haben zumindest genauso viel Spaß&Freude wie ich!

lg
olli



PS: Anbei einmal nur dieses eine Bild. Eine kleine Auswahl von den tausenden Fotos die ich letze Woche produziert hab. Klick das Bild für volle Auflösung!

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